Kirchentalente

Experimente bekommen Raum

Ermutigung des Bischofs

Liebe Schwestern und Brüder,

seit vielen Jahren habe ich als Mitglied und Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und kirchliche Dienste die Aufgabe, die vielen Veränderungen in der Seelsorge und in der Pastoral unter dem Gesichtspunkt derer zu begleiten, die diese Seelsorge vor Ort verantworten.
Wir spüren dabei sehr deutlich, dass Veränderungen in unserer Kirche notwendig sind, damit diese auch zukünftig ihrer Sendung gerecht werden kann, den Glauben an den in Jesus Christus Mensch gewordenen Gott zu bezeugen und Menschen mit diesem Gott in Berührung zu bringen.

Um dieser Sendung willen haben sich die Deutschen Bischöfe in der Verantwortung der Kommissionen für Pastoral und Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste seit Jahren darum bemüht, einen Konsens zu finden, wie die Impulse des II. Vatikanischen Konzils, die sich vor allem in seiner Aussage über die Kirche finden, heute gelebt und konkret gestaltet werden können. Das Ergebnis ist das Wort der Deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral unter dem Titel „Gemeinsam Kirche sein“. Ein wesentlicher Schwerpunkt dieses Wortes ist die Betonung der Kirche „als priesterliches Volk Gottes“, das seine Struktur im Miteinander der unterschiedlichen Aufgaben und Begabungen der getauften und gefirmten Christinnen und Christen und dem Dienst des Priesters ein konkretes Gesicht bekommt.

Ein wichtiger Aspekt dieser Sendung war es, einen Blick zu werfen auf das Thema der Leitung in ihren vielen Formen und Gestalten, um deutlich zu machen: Leitung beschränkt sich nicht bloß auf den Dienst der geweihten Amtsträger. Ausdrücklich haben die Bischöfe vermerkt, dass sie die Leitungsdienste von Frauen und Männern in der Kirche fördern wollen.

Eine Frucht der „Umsetzung“ beziehungsweise Anwendung dieses bischöflichen Wortes sind die guten Gespräche, die wir in unserem Bistum seit Jahren im Diözesanrat und in den Räten der einzelnen Berufsgruppen führen. Eine Folge dieser Überlegungen finden Sie in diesem vorliegenden Papier „Leitung von Pfarreien und Gemeinden im Kontext lokaler und diözesaner Kirchenentwicklung“.

Ich möchte Sie ermutigen und einladen, hierbei mit Kreativität und Fehlerfreundlichkeit die Möglichkeiten zu nutzen, die sich auch heute schon bieten, um Leitung vielfältig und den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort angepasst zu gestalten.

Ich wiederhole gerne, was ich bereits im Kontext der Präsentation der Ergebnisse der Zufriedenheitsstudie im Jahr 2015 betont habe: „Wir sprechen oft vom Bewusstsein für die Taufwürde und Taufberufung. Dieses können wir fördern. (…) Für die Zusammenarbeit mit den Hauptberuflichen bedeutet dies, Dienste neu zu ordnen und Verantwortung neu zu verteilen. (…) Experimente bekommen Raum, die es ermöglichen, die Einladung Gottes auf neue Weise auszusprechen, zu erkennen und anzunehmen. (…) Wir brauchen nicht in erster Linie die Beschränkungen zu sehen, sondern die Chancen und Möglichkeiten, die in den Charismen so vieler Gläubiger und Zweifelnder liegen. Daraus ergibt sich: angstfrei, mit Mut zum Experiment und mit Mut zum Scheitern wirken.“

Eines ist mir in besonderer Weise ein Herzensanliegen: Jede Leitung in der Kirche, völlig gleich, von wem sie ausgeübt wird, muss geprägt sein vom Geiste Jesu, der ausdrücklich betont, dass es bei uns nicht so sein soll wie in der Welt, weil alles Tun, einschließlich Seines eigenen Einsatzes für uns Menschen, nur als Dienst verstanden werden kann. Von dieser geistlichen Qualität muss alles getragen sein, was wir miteinander versuchen, bedenken und möglicherweise nach „Versuch und Irrtum“ neu gestalten. Es geht nicht um Teilhabe an Macht und Herrschaft, so sehr das Bild von Kirche oft davon geprägt ist, sondern um Teilnahme an der „königlichen Priesterschaft Christi“, wie es der erste Petrusbrief sagt, was aber nichts anderes ist als das, was Jesus selber sagt: „Ich bin in eurer Mitte wie einer, der dient“ (Lk 22,27).

Verbunden im gemeinsamen Dienst grüße ich Sie
Ihr Bischof Felix